Ich finde Bahnfahren großartig. Während ich diesen Artikel schreibe, sitze ich im Zug von Köln nach Hamburg. 4 Stunden quer durch das Ruhrgebiet, ohne großartigen Netzempfang. Das hat auch seinen Vorteil, denn: So kann ich die letzten 12 Tage Revue passieren lassen.
Am Montag den 07.01 startete ich auf startnext.de/pluseins mein ganz persönliches Crowdfunding-Projekt. Im Detail geht es dabei um Plus Eins: Das Google+ Buch für Jedermann, dass sich an alle Google+ interessierten Menschen richtet. Direkt vorweg: Ich hatte bisher keine Crowdfunding-Erfahrung gesammelt und war somit ein kompletter Neuling. Auch gab es Zweifel meinerseits, ob wirklich fremde Menschen in mich und mein Projekt investieren würden. Das es bereits nach 3 Tagen komplett finanziert war, hätte ich deshalb nie für möglich gehalten.
Die Vorgeschichte
Doch alles von Beginn an: Ich arbeite hauptberuflich als Social Media Manager und bin auch privat sehr aktiv in den sozialen Netzwerken. Vor allem Google+ hat es mir seit über einem Jahr besonders angetan, da ich die Menschen dort wegen ihrer sozialen Ader sehr zu schätzen weiß. Ich fing damals an, Infografiken und Tutorials in deutscher Sprache über Google+ zu erstellen, da es zu der Zeit meist nur englischsprachige Inhalte gab. Das Ganze resultierte darin, dass ich im Mai 2012 ein komplett kostenloses eBook über Google+ veröffentlichte, sozusagen dem Vorgänger der Neuversion von Plus Eins: Das Google+ Buch für Jedermann. Bis heute wurde das eBook über 40.000 mal heruntergeladen, was einfach Wahnsinn ist.
Das zeigte mir, dass die Menschen sehr interessiert an Google+ scheinen. Über die Zeit kamen dann auch Anfragen, ob es das Buch in gedruckter Version zu kaufen gäbe. Hier und da schickten mir die Leser Fotos von meinem Buch, dass sie selbst ausgedruckt und binden lassen hatten. Ein wirklich tolles Gefühl.
Der Weg zum Crowdfunding
Diese Erfahrungen verstärkten meinen Wunsch, ein „echtes“ Buch zu veröffentlichen. Ich persönlich liebe Bücher und bevorzuge diese reale Variante ganz klar der digitalen. Sieht schließlich auch besser aus im Bücherregal. Ich entschied mich damals bewusst gegen einen Verlag, trotz Angebote. Der Grund ist einfach: Ich wollte frei entscheiden können und mich nicht an mögliche Branchenrestriktionen halten müssen. Auf der anderen Seite kostet ein Buchdruck in 3 stelliger Auflage schon ein paar Tausend Euro, die ich nicht auf der hohen Kante hatte. Was also tun?
Mir kam der Gedanke, es mit Crowdfunding zu versuchen. Ich habe während meines Bachelorstudiums eine Zeit lang für CrowdsourcingBlog.de geschrieben und dabei viel über die Macht der Crowd gelernt. Außerdem zeigten zu dieser Zeit andere Buchprojekte – wie das Hartz IV Möbelbuch von Van Bo Le-Mentzel oder Eine Neue Version ist verfügbar von Dirk von Gehlen – das Bücher ein gern unterstütztes Crowdfunding-Gut sind.
Die fertige Projektseite frisst Zeit
Ich meldete mich daraufhin bei startnext.de an, weil diese Plattform der Marktführer in Deutschland ist und Crowdfunding dort sehr einfach zu handlen ist. Beispielsweise gibt es zahlreiche Bezahlmöglichkeiten, so dass man neben Paypal auch per Vorkasse oder Sofortüberweisung bezahlen kann. Das ist extrem praktisch, weil es mir viel Organisationsarbeit abgenommen hat.
Nach der Anmeldung erstellte ich eine Projektseite für mein Google+ Buch. Hier hieß es nun Ziele definieren, das Projekt beschreiben, Grafiken erstellen und Dankeschöns einzupflegen, schließlich sollen alle Unterstützer für ihre Investition auch etwas Cooles zurückbekommen. In meinem Fall kommt jeder, der das Buch kauft, mit Bild und Namen ins Buch.
Ich kann nur jedem raten: Plant genug Zeit für eine ansprechende Projektseite ein. Macht euch Gedanken über eure Produktpräsentation und führt dort nur die wichtigsten Informationen auf, denn: Zu lange Texte mit zu viel Werbecharakter langweilen die potentiellen Unterstützer. Seid authentisch und schildert kurz und prägnant, warum gerade euer Projekt es verdient, unterstützt zu werden.
Für mich persönlich war das Aufwendigste an der Projektseite das Video, dass ich eines Freitag Abends in meiner Firma gedreht habe. Allgemein sehe ich ein ordentliches Video als Schlüssel zum Erfolg an, denn hier könnt ihr zeigen, wer ihr wirklich seid. Es muss kein Hollywood Blockbuster sein, sollte aber schon über eine ausreichende Bild & Tonqualität verfügen.
Achja: Startnext arbeitet mit der FidorBank zusammen und man benötigt ein kostenloses Konto dort, um ein eigenes Projekt finanzieren zu lassen. Das war für mich die größte Hürde, da ich bei der Legitimation feststellte, dass mein Personalausweis bereits vor über 1 Jahr abgelaufen war. Somit durfte ich zunächst zum Fotografen, denn biometrische Passbilder hatte ich zufällig nicht zur Hand. Es folgte der übliche Gang zum Amt, den ich ein zweites Mal gehen durfte, da ich natürlich nicht meine Geburtsurkunde dabei hatte. Gute 2 Wochen später hielt ich meinen neuen Personalausweis in der Hand und freute mich sehr, als ich mein Konto bei der FidorBank endlich legitimieren konnte.
Die Sache mit dem Tattoo
Ich wollte von Anfang an allen Unterstützern einen besonderen Anreiz bieten, mich und mein Buch zu unterstützen. Das jeder Supporter mit Bild und Namen ins Buch kommt, war mir nicht genug. Also entschied ich mich für eine besondere Wette: Sollte das Fundingzeil erreicht werden, würde ich mir den +1-Button auf die Innenseite meines Handgelenkes tätowieren lassen. Das sollt ein Zeichen an alle sein, dass ich es verdammt ernst meine.
Die Startphase
Nachdem alle Informationen eingetragen, das Video hochgeladen, die Grafiken angepasst und das Konto erfolgreich eingerichtet war, machte ich mir Gedanken über die Zielsumme sowie der Zeitraum, in dem ich sie erreichen möchte. Bei meinem Fundingziel ließ ich mich von den oben bereits erwähnten Buchprojekten inspirieren und entschied mich für 5.000 Euro. Das ist eine stattliche Summe an Geld, welche aber dennoch machbar scheint. Den Projektzeitraum habe ich bewusst lang gewählt, da ich genügend Zeit für das Marketing haben wollte. So entschied ich mich für den 28.Februar als Deadline.
Auch hier kann ich jedem nur raten, sich genausten Gedanken im Vorfeld zu machen, wie viel Geld er für sein Projekt benötigt, denn: Wird die Zielsumme um nur einen Euro verfehlt, geht das komplette Geld an die Unterstützer zurück und man selbst steht mit leeren Händen da.
Soweit so gut, die Projektseite war fertig und ich konnte einen Statuswechsel beantragen. Mein Google+ Buch kam daraufhin in die Starterphase, in der es noch nicht um Geld sondern um Fans geht. Je nach Fundingziel muss eine Mindestanzahl von Leuten erreicht werden, die als registriertes Mitglied auf Startnext Fan von dem Projekt werden. In meinem Fall musste ich 50 Menschen finden. Dank meiner bisherigen Google+ Arbeit fand ich noch am selben Abend eine Hand voll hilfsbereiter User, mit denen ich das erste kleine Etappenziel erreichen konnte.
Die bisherige Finanzierungsphase
Die Spannung stieg: Der letzte Statuswechsel wurde beantragt und am Montag den 07.01 konnte mein Google+ nun endlich unterstützt werden. Noch bevor ich es publik gemacht hatte, gab es bereits 2 Unterstützer, was mich wirklich überrascht hat.
Ich startete daraufhin mit einem Beitrag auf Google+, gefolgt von Twitter und auch Facebook. Vor allem auf Google+ wurde der Beitrag aufgrund der großartigen Community sehr schnell geteilt und erreichte dabei viele Menschen. Auch auf Twitter gab es zahlreiche Retweets, was mich persönlich sehr überraschte.
Nach dem ersten Tag waren bereits 1.500 Euro eingegangen – bei noch 49 Tagen to go. In der folgenden Woche postete ich immer wieder auf den genannten Netzwerken und gab auch das ein oder andere Interview. Bereits nach 3 (!) Tagen wurde die 5.000 Euro Marke geknackt und damit mein Fundingziel erreicht. Es brauchte seine Zeit, bis ich das realisiert hatte – inklusive meiner Wette mit dem Tattoo.
Natürlich sank die Zahl der täglichen Unterstützer nach dem Erreichen des Ziels, denn viele wissen nicht, dass Projekte auch überfinanziert werden können. In meinem Fall bedeutet das nicht mehr Geld für die eigene Tasche, sondern die bequeme Möglichkeit, weitere Buchbestellungen zu sammeln, die ich Anfang März dann auf einmal drucken und verschicken lassen kann. Aktuell sind es 283 Stück und ich würde mich freuen, wenn das ein oder andere noch dazukäme.
Mein Zwischenfazit bei noch 41 verbleibenden Tagen
Ich freue mich wirklich sehr über die zahlreichen Unterstützer, die in das Projekt bis jetzt investiert haben, das hätte ich so vorher nicht für möglich gehalten. Crowdfunding kann somit eine tolle Möglichkeit für Jedermann sein, eigene Träume zu verwirklichen, aber: Es ist nichts, was man mal eben so von der Couch aus macht. Es bedarf einiges an Zeit, bis die Projektseite inkl. Video und Grafiken steht. Ein Projektfremder sollte innerhalb von 5 Minuten verstehen, worum es in dem Projekt geht. Auch sollte man sich im Vorfeld im Klaren sein, was man genau erreichen möchte, denn später etwas zu ändern funktioniert nur schwer. Auch die Projektkommunikation während der entscheidenden Finanzierungsphase erfordert Zeit, denn so ein Projekt verbreitet sich nicht von selbst.
Aktuell sind es inklusive ausstehender Zahlungen 8211 Euro. Wer mich und das Projekt unterstützen und sich seinen Platz im Buch sichern möchte, kann das noch bis zum 28.02 auf startnext.de/pluseins tun. Vielen Dank!
Den Termin beim Tätowierer werde ich nächste Woche auf jeden Fall buchen…
3 Comments on “Erfolgreiches Crowdfunding für Jedermann: Ein Zwischenfazit”
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