Hangouts on Air aus Deutschland: So umgeht ihr die Sperre

Philipp SteuerBlog, Google5 Comments

Hangouts on Air sind ein wirkliches tolles Feature von Google+. Dadurch wird es jedem Nutzer ermöglicht, eine eigene live Video-Übertragung zu starten und Menschen weltweit über Google+ und Youtube am eigenen Leben oder einem Konzert teilhaben zu lassen. Wir Deutschen schauen dabei jedoch in die Röhre, denn statt des Live-Video-Chats erscheint nur die folgende Meldung: “Dieses Video ist nicht verfügbar”. Ich habe nach Möglichkeiten gesucht, schnell und einfach die Ländersperre zu umgehen.

Ausgangslage vorher – Das deutsche Recht steht im Weg

Schauen wir uns die Ausgangslage an. Wenn man auf Google+ ein Hangout startet, gibt es links die Möglichkeit, ein Häkchen bei „Hangout on Air aktivieren“. Setzt man es in Deutschland, kommt die folgende Fehlermeldung:

Egal wie man es wendet und dreht, man kommt an dieser Ländersperre nicht vorbei. Steckt etwa die GEMA dahinter? Die Antwort lautet: Nein. Diesmal steht uns das deutsche Mediengesetz im Wege. Geregelt wird das Ganze genauer im Rundfunkrecht. Demnach fallen Angebote, die “linear und für einen zeitgleichen Empfang bestimmt sind” (Livestreaming), unter die Zulassungspflicht, wenn die Zuschauerzahl über 500 beträgt. Die Zulassung wird von den deutschen Medienanstalten kontrolliert und umfasst dabei Angebote, die über Antenne, Kabel, Satellit oder Internet verbreitet werden. Würde Youtube / Google+ ohne staatliche Erlaubnis Hangouts on Air ermöglichen, würde dies mit einem Bußgeld von 500.000 Euro geahndet werden.

Hangouts on Air in Deutschland – so einfach geht’s

Widmen wir uns nun dem spannenden Teil. Wie ich in diesem Beitrag auf Google+ angekündigt hatte, habe ich einen kleinen Selbstversuch gestartet, wie man die Ländersperre schnell und ohne große IT-Kenntnisse umgehen kann.

Das Ganze funktioniert über einen Proxyserver. Das klingt zunächst kryptisch, ist es aber gar nicht: Ein Proxyserver ist ein Großrechner der zwischen dem eigenen Computer und dem Ziel (zB Google) ist. Er leitet die eigenen Anfragen weiter und die Zielseite sieht nur den Proxy und weiß daher nicht, dass man aus Deutschland ist. Daher denkt die Zielseite, dass der User aus dem Land des Proxys kommt. So kann man der Zielseite, z.B. Youtube, vortäuschen, dass man in Amerika, England oder auch Russland wohnt.

Möglichkeit 1: Stealthy Chrome Extension

Für komplette IT-Laien führt die Stealthy Extension für Google Chrome mit wenigen Klicks zum gewünschten Erfolg. Die Extension kann man hier im Chrome Web Store kostenlos herunterladen. Einmal installiert, erscheint oben Rechts in der Chrome Leiste ein roter Papierflieger. Per Rechtsklick kommt man zu den Optionen, wo ich in meinem Test die Option „Normal: Used if you want to fake your location, without unblocking country-specific contents.“ ausgewählt habe. Ein weiterer Klick auf den Papierflieger färbt diesen von rot in ein leuchtendes grün. Ab sofort wird eurer Herkunftsland undurchsichtig.

Mit dem grünen Papierflieger an Board gehen wir zurück zu den Google+ Hangouts und starten es. Nach dem Klick auf „Hangout on Air aktivieren“ kommt nun keine Fehlermeldung, sondern der folgende Hinweis:

Dem Hangout on Air steht somit nichts mehr im Wege! Wer möchte, kann statt der Option „Normal“ auch „Custom: Use a Proxy from the following country“ und hier z.B. Russland auswählen. Funktioniert ebenfalls sehr gut und im Test war die Leitung mit dieser Option auch am schnellsten (via W-Lan).

Wichtiger Hinweis: Die Extension läuft super flüssig und die Ländersperre ist damit schnell umgangen. Jedoch hat sie auch einen Nachteil, denn sie liest Website-Daten aus, wie es viele andere Apps auch tun. Das ist bei Google+ wenig problematisch, da dort die Verbindung per abgesicherten HTTPS hergestellt und dadurch nicht ausgelesen werden kann. Dennoch sollte man dies bei einer universalen Nutzung berücksichtigen.

Möglichkeit 2: Ohne Extension manuell Proxy ändern

Wer lieber ohne Extension oder Add-On die Ländersperre umgehen möchte, dem empfehle ich die folgende Vorgehensweise: Sucht via Google nach öffentlich Proxy Servern. So könnt ihr z.B. diese Seite finden, die zahlreiche, weltweit öffentlich zugängliche Proxy Server auflistet. In meinem Versuch habe ich dabei nach einem Proxy Server aus der Schweiz gesucht und bin dabei auch fündig geworden.

Was wir brauchen ist lediglich die IP Adresse und den dazugehörigen Port.

Für Firefox-Nutzer: Im Firefox Browser klicken wir auf die Einstellungen. Auf der Einstellungen-Seite nun auf Netzwerk und dort auf Erweitert. Beim ersten Punkt „Festlegen, wie Firefox sich mit dem Internet verbindet“ auf Einstellungen klicken. Wählt dort den untersten Punkt „Manuelle Proxy-Konfiguration“ aus. Dort geben wir nun im Feld HTTP-Proxy die IP Adresse des schweizer Proxys und daneben den dazugehörigen Port ein.

Für Chrome-Nutzer: Über den Schraubenschlüssel auf Einstellungen. Auf der Einstellungsseite nach Unten scrollen und dort auf erweitere Einstellungen. Weiter unten beim Punkt Netzwerk auf „Proxy-Einstellungen ändern…“ und im Verbindungs-Tab ganz unten auf LAN-Einstellungen. Bei Proxyserver nun „Proxyserver für Lan verwenden“ auswählen und dort wie schon im Firefox-Beispiel die Daten eintragen.

Fertig! Auch mit dieser Methode kann man problemlos Hangouts on Air aus Deutschland starten und ansehen.

Der Vorteil bei dieser Methode ist, das man nicht auf Dritt-Anbieter-Apps zurückgreifen und daher unfreiwillig keine Daten freigeben muss. Der Nachteil am manuellen Konfigurieren ist, das es ein bisschen aufwendiger als die Extension-Lösung ist.

Zusammenfassung

Am Anfang meines Selbstversuchs war ich skeptisch, ob es klappen würde. Weil ich zwar solides IT-Grundwissen besitze, aber eben kein Experte bin und mich vorher nie mit dieser Thematik beschäftigt habe. Die von mir gegebene Anleitung dürfte sich auch für Laien eignen, in den Genuss von Hangouts on Air zu kommen.

Bisher ist es noch nicht klar, wann und ob überhaupt Hangouts on Air in Deutschland verfügbar sein werden. Die Gesetzeslage müsste erst geändert werden – hierzulande ein meist sehr langwieriger Prozess. Ich werde in Zukunft weiter mit der HoA-Funktion rumexperimentieren und hoffe, demnächst auch den ein oder anderen deutschen Live-Zuschauer begrüßen zu können.

P.S. Natürlich habe ich auch ein Test-Video aufgenommen.

Über den Autor

Philipp Steuer

Hey, ich heiße Philipp und Ich helfe Menschen und Firmen wie Red Bull, Disney oder McDonald’s neue digitale Trends und Innovationen zu verstehen und sie richtig für sich einzusetzen. Beruflich segele ich unter der Flagge des Kommunikations-Startups hypr aus Berlin. Buch mich für einen Vortrag, einen Workshop oder eine Beratung. Erfahre hier mehr über mich oder besuch mich auf Twitter I Youtube oder Facebook+.

5 Comments on “Hangouts on Air aus Deutschland: So umgeht ihr die Sperre”

  1. Danke für den Tipp. Habe es gleich mal ausprobiert (mit der Chrome Extension) – funktioniert tadellos.

    Blöd ist das man den Leuten (z.B. bei YT) das ganze auch erklären muss, denn soweit ich weiß können diese (wenn sie in den DE unterwegs sind) den Livestream auch nicht ansehen. D.h. Sender UND Zuschauer müssen „ausserhalb“ von DE sitzen.

    Taja, wird Deutsche, sind perfekt im Gesetze erlassen (ich sag nur GEMA, GEZ, etc. etc.) :-/

    Wenn die magische Zahl 500 ist, wäre es nett wenn Google einfach bei 499 „dichtmacht“ – so könnte man wenigstens die Anzahl an Zuschauern haben :-/

  2. Das ist nicht ganz richtig.
    Die Zuscherzahl muss nicht über 500 liegen, es muss nur technisch möglich sein, dass es mehr als 500 sehen können.

    Würde eigentlich SES Astra ein Bußgeld zahlen, wenn sie einen Deutschen ein Deutsches Programm ohne Lizenz senden lassen würden?
    Als Astra würde ich die bei so einer „Strafe“ verhöhnen.
    Reicht es da eigentlich dass der Deutsche seinen Wohnsitz im Ausland hat, und von dort aus über Astra (auch nach Deutschland) sendet?
    Oder erdreistet sich das Deutsche Recht jeden zu reglementieren, der sein Programm gezielt an Deutsche richtet?

    Es gibt Deutsche die nutzen UStream, Livestream, Stickam usw., und haben mehr als 500 Zuschauer.
    Es reicht schon eine leere Untertasse (irgendwann kommt der Hund…) um über 1000 Zuschauer zu haben. So schon gesehen. Dann gibt es Privtleute oder auch Organisationen usw. die senden z.B. 24h Live aus einem Gehege oder Nest usw..
    Absolut ohne Lizenz.

    Es wäre schön, wenn so ein Dienst in Deutschland einen Bekanntheitsgrad und implementierung in Fernsehern, Set-Top-Boxen usw. erreicht, der sich um die Deutschen Gesetze einen *piiiep* schert.
    Auf einem modernen zukünftigen Smart-TV könnten ja neben den herkömlichen Sendern über Sat und Kabel auch „Sender“ über das Internet kommen.
    Und diese könnten vom Zuschauer gleichberechtigt auf eine Programmnummer neben die etablierten Sender gelegt werden.

    ARD, ZDF, WDR, Krawall-TV, RTL, Sat.1, RTL2, Infoguerilla, Vox, Kabel1, Indymedia-TV…

    Ich hoffe dass regimekritische Sender ohne Lizenz entstehen werden.
    Es reicht ja ein (V)DSL-Anschluss, eine (bessere) Webcam (oder Camcorder mit Einspeisung in PC) und ein Hobbykeller oder auch Wohnzimmer. Solange man nicht Live sendet, braucht es nicht mal ein „Studio“ (grünes Tuch und Software).
    Solange man nicht sein Gesicht zeigt oder die eigene Stimme nutzt, ist es auch für das Regime praktisch unmöglich Dissidenten zu erwischen.
    Denn die Deutschen Behörden erhalten ja nur die IP(s) des Streamingproviders.

    Dort könnte Material unverfremdet gesendet werden.
    Wenn z.B. eine Betrügerfirma oder Behördenwillkür mit versteckter Kamera gefilmt wurde, wird das unverfremdet und mit Einblendung von Klarnamen gesendet.
    Es könnte auch wie sich das für Rechtsstaaten gehört ohne Einschränkuung der Wortwahl über Politiker oder Prominente usw. gesprochen werden.
    Oder Geschäftschädigende Berichte über Firmen für die man im Internet mit Impressum/WhoIs abgemahnt würde (auch wenn es stimmt).

    Eine schöne Vorstellung der nahen Zukunft.
    Und das ist nicht zynisch oder satirisch gemeint.

    Solch ein „Piratensender“ (da man keine Frequenzen kapert gibt es KEINERLEI moralisches Hindernis) hätte sogar einen Vorteil mit dem er gegenüber den großen Sendern punkten kann.
    Die Großen Sender unterliegen Regeln, dieser Piratensender nicht.
    Der Piratensender könnte (aufgrund eines moralischen Problemes, Betrug…) wenn denen danach ist, eine gezielt geschäftsschädigende Kampagne gegen ein Unternehmen oder Politiker betreiben.
    Und? Das ist „unprofessionell“? Nach welchen moralischen Maßstäben?
    Es ist schließlich kein kommerzieller Sender. Der Zweck dieses Senders wäre ja „Stunk“ zu machen. Wäre evtl. auch ganz offen politische Veränderung und Meinungsmache.

  3. Schön, dass dank deiner Beschreibung jetzt jeder Laie etwas tun kann, was dann wohl illegal ist – wer User wird schon eine Lizenz beantragen?

    Spannend ist die rechtliche Bewertung deines Beitrags: Ein wenig ist er ja wie die Anleitung (und Aufforderung?) wie man etwas illegales tut…

    1. Lieber Markus, illegal ist das falsche Wort. Selbst Politiker wie die CSU-Vizechefin Dorothee Bär, mit der ich in diesem Artikel ein Interview führte, halten die aktuellen Gesetze für veraltet und überfällig.

      Wer nun wie oder was letztendlich tut, ist jedem selbst überlassen. Die Verwendung eines Proxyservers ist definitiv nicht verboten und meine Anleitung auch nicht als Aufforderung gesehen 🙂

    2. Hi Markus, strafbar ist der Aufruf zu Straftaten. Die Zulassung bei den Sendeanstalten nicht einholen ist keine Straftat, sondern eine Ordnungswidrigkeit. Daher stellt der Artikel keinen Aufruf zu einer Straftat dar.

      Ist er ein Aufruf zu einer Ordnungswidrigkeit? Die ist nicht strafbar. Und der Artikel ist nicht mal das. Er zeigt nicht, wie G+ die Sperre umgehen könnte, sondern wie seine Nutzer sie umgehen können. Und die Nutzer müssen nichts melden.

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