3 Gedanken zur Zukunft von Snapchat

Philipp SteuerSnapchat, Social Media5 Comments

Es ist schon ein bisschen länger her, seit ich mich zu Snapchat geäußert habe. Der Grund dafür ist einfach — Vieles ist erzählt. Anfangs war es noch spannend zu sehen, wie die Leute und Marken auf ein neues Netzwerk reagieren, das hat eine Menge Spaß gemacht. Aber mittlerweile ist Snapchat selbst hier in Deutschland angekommen, es gibt neue “Experten”, Meet-Ups und Facebook-Gruppen, in denen man “Growth Hacks” diskutiert. Sogar “Studien”, wenn auch nicht repräsentative. Auch die re:publica wird sicherlich das ein oder andere Snapchat-Panel enthalten, dieses Mal vielleicht ohne Erklärbär-Geschichten.

In der Zwischenzeit ist viel passiert. Facebook fährt die Mega-Offensive und führte Instagram Stories ein, die unfassbar gut ankommen. Zudem soll es den Spaß bald auch für Facebook selbst geben. Snap selbst hat dafür gerade sicher keinen Kopf, denn der Börsengang steht bevor. Da die Fragen an mich, wie ich die Situation sehe, in letzter Zeit häufiger wurde, habe ich nachfolgend einfach mal ein paar persönliche Gedanken zur Zukunft von Snap(chat) zusammengefasst.

1. Instagram Stories sind ein Ghostbuster

Mit der Einführung der Instagram Stories hat Facebook Chef Mark Zuckerberg zu seinem wohl größten Trumpf in einem jahrelangen Kleinkrieg ausgespielt. Ein Schachzug, der für mich zu Beginn als pure Verzweiflungstat wirkte. Ein Schachzug, der sich jetzt als Volltreffer mit deutlicher Wirkung offenbart.

Die Instagram Stories sind für mich einer der Gründe für das langsamere Wachstum von Snapchat. Das folgende lebende Beispiel zeigt es deutlich: Meine werte Frau hat auf allen Netzwerken verteilt eine beachtliche Reichweite, z.B. 146.000 Abonnenten auf YouTube oder 67.000 auf Instagram. Vor den Instagram Stories nutze sie Snapchat ausgiebig, mittlerweile ist das gelbe App-Icon mit dem weißen Geist vom Homescreen jedoch verschwunden.

Weil es zu umständlich ist, neben Facebook, Twitter und Instagram noch einen weiteren Dienst zu bespielen, dessen Funktionalität eben genau so 1 zu 1 mittlerweile in Instagram enthalten ist. Snapchat zieht hier den Kürzeren und dieses Verhalten wurde mir auch von ähnlich reichweitenstarken Freunden bestätigt.

Ich habe das Ganze ebenfalls getestet. Auf Instagram folgen mir über 22.000 Follower und ich habe zuletzt einfach mal meinen Tag per Story begleitet. Am Ende hatten die Postings vom Anfang zwischen 5.000–6000 Views pro Bild / Video. Bei Snapchat hatte ich zu meiner aktivsten Zeit nur rund die Hälfte an Aufrufen, obwohl ich viel in die Platform investiert habe. Das ist schon krass und spricht für Instagram, das hier mit den Stories als Ghostbuster den Snapchat-Geist jagt.

2. Neue Features müssen her

Der direkte Vergleich mit den Instagram Stories (und bald auch noch Facebook und vielleicht WhatsApp Stories) setzt Snapchat natürlich unter Druck, auf allen Fronten mögliche neue Innovationen zu liefern.

Marken wollen Daten

Auf der einen Seite müssen die Marken bei Laune gehalten werden, damit sie weiter teure Werbung kaufen und damit weiter Kohle in den Messenger pumpen. Das geht nur mit mehr Daten und Tools, damit die Kampagnen entsprechend ausgewertet werden können. Dieses Problem will man aktuell durch eine neue AdTech-Platform beheben.

Nutzer wollen neue Features

Auf der anderen Seite wollen auch die Nutzer selbst gerne neue Features haben, die sie bei der Konkurrenz nicht finden.

Vorab: Die Nutzer sind nochmal so eine Sache — denn die Hardcore User werden Snapchat die Stange halten, vor allem die Jüngeren, die seit Jahren über den Messenger mit ihren Freunden kommunizieren. Aber wie kann man die Gelegenheitsnutzer für sich gewinnen?

Diese Unterscheidung Snapchat (total authentisch) zu Instagram (High-Quality) ist in meinen Augen jedoch mittlerweile obsolet. Klar, auf Instagram habe ich geile Bilder, aber die Stories helfen dabei, ein bisschen Authentizität hinter den jeweiligen Account zu bringen. Zudem ist es einfacher, durch die interne Suche neuen Content zu finden.

Damit Snapchat hier nicht untergeht, müssen folgende Sachen kommen:

  • interne Suche zum Finden neuer cooler Profile
  • krassere Gesichtsfilter (mehr in Richtung Meitu oder Snow)
  • innovative Augmented Reality Spielereien (auch in Planung)

Die Schwierigkeit hierbei liegt darin, das Alleinstellungsmerkmal / die eigene Philosophie nicht zu verlieren. Letztendlich werden Spiegel und sein Team einen Kompromiss eingehen müssen oder aber sie spielen die Konkurrenz mit richtig krassen neuen Features an die Wand. Zumindest temporär, bis Instagram & Co. nachziehen.

3. Die Zukunft liegt in der Hardware

Um die Kritik oben direkt richtig einzuordnen — Snap(chat) ist weit weg vom Netzwerktod. Kohle wird dank Werbung generiert, auf passable Reichweiten kommt man auch. Der Börsengang wird solide und richtig viel Asche einspielen, mit der Snap für längere Zeit abgesichert ist und sich zwischen dem Zuckerbergschen Imperium (Facebook, Instagram, Whatsapp) und dem dahin siechendem blauen Vogel Twitter festsetzen wird. Aber: Allein als Messenger Snapchat könnte es auf lange Sicht eng werden.

Das hat Evan Spiegel meiner Meinung nach schon länger erkannt und deshalb mit den Spectacle Brillen alles richtig gemacht bzw. den Grundstein für eine wichtige Expansion gelegt: “echte” Hardware. Klar, die Spectacles selbst sind mehr Spielerei als richtige Innovation. Aber während Zuckerberg auf Oculus und Virtual Reality setzt, deutet vieles darauf hin, dass Spiegel mit Snap komplett Richtung Augmented Reality feuert und in Zukunft einiges and Hardware veröffentliche könnte. Was wiederum schlau ist, denn eine massentaugliche AR-Brille, die auch noch schick aussieht, würde Milliarden in die Kassen spielen und hätte den gleichen Effekt wie das iPhone für Apple damals.

Snapchat selbst könnte dann die Seele dieser neuen Hardware werden und die Nutzer miteinander verbinden. Das Wachstumsproblem wäre somit gelöst.

Fazit: Es wird spannend

Zum jetzigen Zeitpunkt bin ich wirklich gespannt darauf, wie die ganze Kiste für Snap weitergeht. Ich habe sämtliche Kontakte dort angehauen, aber verständlicherweise bekommt man wegen dem Börsengang aktuell nichts aus den Mitarbeitern heraus.

Wie oben schon angedeutet, Snapchat wird mit der kommenden Kohle dauerhaft abgesichert sein. Neue Büros in Deutschland & Co. wird man ebenfalls eröffnen. Aber wohin es mit dem Produkt Snapchat geht? Keine Ahnung.

Deutlich interessanter finde ich den ganzen Spectacles-Hardware-Bereich und ich ich frage mich, wer eher eine schicke massentaugliche Augmented Reality Brille auf den markt bringen wird: Microsoft, Apple oder Snap?

Schade, dass ich keine Zauberkugel habe, mit der ich mal eben in die Zukunft schauen kann. Aber so bleibt es wenigstens spannend!

Über den Autor

Philipp Steuer

Hey, ich heiße Philipp und Ich helfe Menschen und Firmen wie Red Bull, Disney oder McDonald’s neue digitale Trends und Innovationen zu verstehen und sie richtig für sich einzusetzen. Beruflich segele ich unter der Flagge des Kommunikations-Startups hypr aus Berlin. Buch mich für einen Vortrag, einen Workshop oder eine Beratung. Erfahre hier mehr über mich oder besuch mich auf Twitter I Youtube oder Facebook+.

5 Comments on “3 Gedanken zur Zukunft von Snapchat”

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  2. Gute Beobachtungen. Das mit der Hardware sehe ich ähnlich, aber es gibt noch etwas, das man nicht vergesen darf. Den Unternehmen, vor allem den deutschen KMUs fehlt komplett der Zugang zu Snapchat. Aus meiner Sicht ist es Snapchat (bislang) nicht gelungen, ausreichend relevante Inhalte für Deutschland zu zeigen. Ähnlich wie Twitter, das ja hierzulande auch ein „Irgendwas-mit-Medien-Menschen“ Medium ist.

    Kann sein, dass Snapchat langfristig in den USA eine gewisse Bedeutung erhalten kann. Für Deutschland sehe ich nach wie vor keine überzeugende Strategie. Und was AR Hardware betrifft, befindet sich Spiegel im Wettbewerb mit Apple und Microsoft. Zwei Unternehmen, die seit Jahrzehnten Erfahrung im Verkauf von Hardware / Software haben. Und die finanziell ziemlich gut aufgestellt sind, wie man so hört…

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