Warum Snapchat das neue Fernsehen ist

Philipp SteuerSnapchat3 Comments

snapchatt

25 bis 30 Minuten. So viel Zeit verbringt der durchschnittliche Snapchat User mittlerweile pro Tag mit der App. Tendenz steigend. Mit dem neusten Update wird man diese Zahlen nochmal deutlich in die Höhe treiben. Der Grund? Snapchat sieht sich selbst als neues Fernsehen!

Ich hasse diesen TV-Vergleich eigentlich, denn er wurde so oft schon in Verbindung mit YouTube gebracht und auf tausenden Paneldiskussionen tot diskutiert. Und nun komme ich und stelle einfach Snapchat dem ollen Opa namens Fernsehen gegenüber. Ich mache das nicht, weil ich es so will. Ich erzähle es, weil es die Strategie von Snapchat ist.

Weniger TV, mehr Snapchat

Man wolle die Werbetreibenden dazu bringen, das TV-Werbebudget zu kürzen und lieber in Snapchat zu investieren. Diese Informationen selbst stammen aus einem Pitch von Snapchat, mit dem man an große Werbeunternehmen herantritt. Flankiert wird das Vorhaben mit 100 Millionen aktiven Nutzern, die täglich die unterschiedlichen Inhalte konsumieren. 60 Prozent davon produzieren selbst neue Inhalte. Ein Snapchat Mitarbeiter bestätigte diese Zahlen.

Bereits im Februar hatte man das Marktforschungsinstitut Nielsen damit beauftragt, die in der App geschalteten Anzeigen nach Gross Rating Point (GPR) zu messen. Dieser eignet sich besonders für die Auswertung von TV-Werbekampagnen. Und siehe da — schon sind wir wieder beim Fernsehen!

Snapchat ermöglicht Zappen 2.0

Doch während man oben noch spekulieren kann, ob diese Aussagen denn wirklich offiziell getätigt wurden, liefert das neuste Update der App jedoch die Bestätigung.

In der bisherigen Berichterstattung über das Update wurden bisher meist nur die ganzen neuen Chat-Funktionen hervorgehoben. Die sind super, keine Frage. Aber eine Neuerung ist viel wichtiger und spielt Snapchat bei seinem Vorhaben in die Karten.

Wenn du dir eine öffentliche Story deines Freundes auf Snapchat ansiehst, wirst du am Ende der Geschichte direkt zu der Story der Person weitergeleitet, die zuletzt etwas gepostet hat. Du bleibst also in der Geschichte und gelangst so schnell — wie vor dem Update — nicht mehr in die Story-Übersicht.

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Ist dir eine Story zu langweilig, reicht ein Wisch mit dem Finger zur Seite und du skippst sie. Schon wird die nächste automatisch geladen. Dieser Mechanismus ist vergleichbar mit dem Rumzappen vorm TV. Du steigst bei einer Sendung ein und spätestes wenn sie langweilig ist oder Werbung kommt, zappst du zu den anderen Sendern, in der Hoffnung, dass um 1:23 Uhr Dienstag Nachts auf NTV wieder eine dieser spannenden Kriegsdokus läuft.

Snapchat boostet die Views

Dieser neue Binge-Watch-Story-Modus hat noch einen weiteren Vorteil: Die Story Aufrufe gehen bei allen Nutzern nach oben. Mir ist es seit dem Update schon oft passiert, dass ich bei einem User gestartet bin, dessen Story dann auf einmal zu Ende war und ich dann schon wieder in der Geschichte von einer anderen Person war, die ich sonst nur sporadisch geklickt habe. 

Irgendwie waren die Inhalte dann doch so interessant, dass ich kleben blieb. Und in der nächsten Story der nächsten Person landete. Ihr seht schon, ein Teufelskreis und der Grund, warum die Verweildauer auf dem Klo weltweit deutlich ansteigen dürfte.

Mein subjektives Empfinden wurde heute bereits von einigen YouTube-Freunden bestätigt, die schon länger auf Snapchat aktiv sind. Bei allen sind die Views nach dem Update deutlich in die Höhe gegangen.

Bald mehr Views als Facebook

Damit greift Snapchat nicht nur das klassische Fernsehen an. Sondern auch Facebook. Schon seit rund einem Jahr liefert man sich einen Wettkampf um die höhere Anzahl der Videoaufrufe. Jedes Mal legte Facebook vor, wenig später zog Snapchat nach.

Mit diesem Update hat man jetzt auf Seiten des kleine Geistes neue Geschütze aufgefahren. Ich schmeiße jetzt hier in diesem Artikel die Zauberkugel an und prophezeie für die nächsten drei Monate, dass Snapchat folgendes verkünden wird: Wir haben (+)10 Milliarden Video Aufrufe pro Tag — und damit 2 Milliarden mehr Video als Facebook. Macht von dieser Stelle bitte einen Screenshot als Beweis! 

Was noch wichtiger wird & die Zukunft

Gute Inhalte werden durch das Update noch wichtiger, vor allem der Anfang! Durch das automatische Laden der Geschichten werden ab sofort immer mehr Menschen bei der Story landen. Damit sie dran bleiben, muss der Anfang, aber auch die Geschichte an sich in meinen Augen unterhaltsam sein, damit die Zuschauer auch alle Snaps bis zum Ende sehen.

Genug geredet. Ob Snapchat das Fernsehen wirklich töten kann? Unwahrscheinlich. Ob es bald mehr Videoaufrufe als Facebook vorweisen kann? Sehr wahrscheinlich. Die Strategie passt und das Update wird definitiv für einen Boost sorgen und dadurch noch interessanter für alle Menschen werden, die gerne ihre Geschichten erzählen. Ich freu mich schon auf die ersten eigenen Snapchat Formate und Shows.

In diesem Sinne: Happy Snapping!


Keine Ahnung von Snapchat? Kein Problem!

Ich habe ein kostenloses und umfangreiches Buch über Snapchat veröffentlicht. Du kannst es dir über die Seite snapmeifyoucan.net kostenlos herunterladen :)!

snappp

Über den Autor

Philipp Steuer

Hey, ich heiße Philipp und Ich helfe Menschen und Firmen wie Red Bull, Disney oder McDonald’s neue digitale Trends und Innovationen zu verstehen und sie richtig für sich einzusetzen. Beruflich segele ich unter der Flagge des Kommunikations-Startups hypr aus Berlin. Buch mich für einen Vortrag, einen Workshop oder eine Beratung. Erfahre hier mehr über mich oder besuch mich auf Twitter I Youtube oder Facebook+.

3 Comments on “Warum Snapchat das neue Fernsehen ist”

  1. Phu, und ich dachte schon ich muss hier mal einen Rant ála Youtube veranstalten 😉 Sehr spannender Ansatz, vor allem aus der neurologischen Sicht, da man doch zahlreiche Gewohnheiten aus dem TV übertragen hat. Das sollte Snapchat tatsächlich interessanter als Werbepartner machen, aber direkt an die alten Hasen des TV-Geschäftes treten? Ich bin mir nicht sicher ob die nicht noch zu eingerostet sind. Denen müssen die Zahlen noch weiter einbrechen, damit sie wirklich den Wandel vorantreiben und auf neue Medien setzen.

    Danke für die Infos!

    Beste Grüße,
    Vladimir

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